Unser dritter, voller Tag stand ganz im Zeichen der Mailänder Scala.
Am Abend wollten wir uns rausputzen, im Scala-Restaurant schick essen und anschließend ein Konzert der Philharmonie besuchen. Tim hatte sich extra einen Anzug zugelegt und ich hatte mein langes, dunkelgrünes Samt-Abendkleid dabei.
Vor diesem großen Ereignis wollten wir den Tag ganz entspannt angehen und hatten eine Kanalrundfahrt gebucht – eine etwas andere Stadtrundfahrt. Auf dem Ticket stand eine Anlegestelle, die wir in unseren Routenplaner eingaben. Es war recht weit zu fahren mit der U-Bahn, so dass wir schon früh los mussten. Vom U-Bahnhof war es außerdem noch ein ganzes Stück zu laufen. Wir waren recht knapp dran und leider teilte sich der Kanal in mehrere Arme auf, so dass wir nicht so recht wussten, wohin. Uns war klar: wir würden auf jeden Fall sehr knapp zur Abfahrt erst da sein und nicht, wie gewünscht, 10 Minuten vorher. Wir fanden wie vorhergesehen sehr pünktlich eine Anlegestelle – die einzige. Leider lag dort aber kein Ausflugsboot. Weit und breit auf dem Kanal war auch keines zu sehen – und der Kanal war gut einsehbar… Wir gingen zu einem anderen Arm des Kanals, aber auch dort kein einziges Boot. Wir waren uns sicher, dass es nicht bereits abgefahren sein konnte, denn dann hätten wir es noch gesehen. Wir waren wirklich maximal zwei Minuten nach der angegebenen Abfahrtszeit an der einzigen Anlegestelle. Nun ja, dann fiel die Kanalrundfahrt wohl aus.
Wir beschlossen, uns erstmal in eines der süßen Cafés zu setzen bzw. draußen einen Kaffee zu trinken und den Sonnenschein zu genießen. Als wir anschließend noch am Kanal entlang spazierten, kamen wir noch einmal an der Anlegestelle vorbei und es fiel uns ein Schild auf. Natürlich war der Text dort nur auf Italienisch zu lesen. Ich gab das Ganze in meinen Übersetzer ein und da kam dann etwas von Niedrigwasser und, dass kein Schiffsverkehr erlaubt sei, deswegen. Wie schön wäre es vom Veranstalter gewesen, wenn dieser Tim darüber per Mail informiert hätte! Irgendwie ist es mit Service nicht weit her in Italien – und da heißt es immer: „Servicewüste Deutschland“. Wir nahmen es locker und schlenderten noch weiter am Kanal entlang, wo auch ein Flohmarkt stattfand. Außerdem fanden wir einen kleinen Park, in dem wir in der Sonne saßen. Dann aßen wir noch in einem kleinen Restaurant Mittag und machten uns bald auf den Weg zurück ins Hotel, um uns für unseren großen Scala-Abend zurechtzumachen.
Am liebsten wollte ich mit einer historischen Straßenbahn zurück fahren. Eine der Linien fuhr laut Plan fast bis zu unserem Hotel. Aus irgendeinem Grund kam aber leider keine Straßenbahn und, nachdem wir lange an der Haltestelle gewartet hatten, nahmen wir doch wieder die U-Bahn. Ich hätte gern noch ein bisschen Pause im Hotel gemacht, aber die Zeit dafür sah ich nun leider dahinschwinden…
Da wir am Abend entsprechende Garderobe tragen wollten, hatten wir uns überlegt, lieber mit einem Taxi zur Scala zu fahren und fragten an der Rezeption, ob man uns eines bestellen könnte. In Mailand dürfen Taxis nur an bestimmten Taxiständen halten, um Fahrgäste aufzunehmen und so gab man uns die Information, dass wir nur zu dem Taxistand vor dem Eingang des Hotels gehen bräuchten und dort käme schon eines vorbei. Bestellen könne man uns keines. Diese Vorgehensweise erschien uns recht unzuverlässig und so prüften wir lieber auch die Verbindungen mit den öffentlichen Verkehrsmitteln. Irgendwie fand ich die Vorstellung auch schön, dass wir so elegant angezogen in einer historischen Straßenbahn zur Mailänder Scala fahren – und die Haltestelle war auch nur zwei Minuten vom Hotel entfernt.
Nachdem wir später also in Abendkleid und Anzug herausgeputzt zehn Minuten am Taxistand gewartet hatten und auch schon online versucht hatten, ein Taxi zu bestellen, machten wir uns tatsächlich auf den Weg zur Straßenbahn. Wir hatten Glück und erwischten gerade so die richtige Linie und fuhren in Richtung Innenstadt. An einer zentralen Umsteigehaltestelle hielt die Bahn ungewöhnlich lange. Nach einer Weile trat der Fahrer aus dem Fahrerhaus und machte – natürlich auf italienisch – eine Ansage. Wir und auch andere Fahrgäste hatten kein Wort verstanden. Die meisten der wenigen Fahrgäste stiegen aus, aber manche blieben auch sitzen. Als wir uns gerade überlegt hatten, vielleicht doch auch auszusteigen und mit der U-Bahn weiterzufahren, fuhr die Straßenbahn aber doch los und wir saßen noch drin. Es ging sehr langsam voran und zwei Haltestellen weiter konnten wir eine digitale Anzeige lesen. Ein Wort gab ich in meinen Übersetzer ein und es bedeutete: Demonstration. Wunderbar, es gab also in der Innenstadt eine Demonstration und wahrscheinlich war oberirdisch alles abgesperrt. Nun wussten wir auch, warum am Nachmittag schon keine Straßenbahn fuhr. Wir stiegen also aus und hofften, dass aus der Gegenrichtung eine andere Bahn kommen würde, damit wir nicht bis zur U-Bahn-Station laufen mussten.
Leider erfüllte sich diese Hoffnung nicht. So langsam hatten wir wirklich Zeitdruck, um das geplante schicke Abendessen vor dem Konzert noch genießen zu können – und Hunger hatten wir auch. Aber es kam, wie es kommen musste: Zur U-Bahn durften wir laufen, meine Füße begannen schon, sich zu bedanken, der Hunger wurde immer stärker.
Immerhin fuhr eine U-Bahn… Wir kamen vierzig Minuten vor Konzertbeginn im Restaurant an. Für ein Drei-Gänge-Menu reichte das vorn und hinten nicht. Jedoch war die Dame super-freundlich und servierte uns zu unseren Getränken eine kleine Platte mit Chips, Nüssen und Amuse-Gueule, die unglaublich gut schmeckten. Außerdem sprach sie sehr gut Englisch und so konnten wir mit ihr vereinbaren, nach dem Konzert noch zu einem späten Abendessen kommen zu dürfen. In Deutschland wäre das wohl unmöglich gewesen, aber das Scala-Restaurant war bis Mitternacht geöffnet und servierte ebenso lange warme Speisen.
Nun konnte also endlich der entspannte Teil des Tages beginnen. Vom Eingangsbereich des wunderschönen Opernhauses war ich ebenso beeindruckt, wie vom Konzertsaal. Überall rot und gold, in der Saalmitte Sitze mit dunkelrotem Samt bezogen und in einem Oval bis ganz unter die Decke kleine Séparées mit sechs Stühlen. Die Wände waren mit dunkelrotem Brokatstoff bezogen und überall gab es goldene Verzierungen im Barock-Stil. Wir saßen in einem dieser Séparées. Das Konzert war ebenso grandios, wie die Location. In der Pause genossen wir stilvoll ein Glas Sekt, wovon wir ganz schön beschwippst waren, weil wir so wenig gegessen hatten.
Das Essen holten wir nach dem Konzert wie geplant nach und es rundete den Abend perfekt ab. Wir wurden sehr geduldig und professionell beraten, so dass wir uns durch das Menü probieren konnten. Wie durch die Amuse-Gueule in Aussicht gestellt, war es einfach großartig und wir schlemmten bis in die Nacht. Am nächsten Tag stand nun schon unsere Abreise an und damit weitere Abenteuer …