Pünktlich zu Weihnachten flatterte mir ein wunderbares Geschenk in den Mail-Briefkasten. Die erfolgreiche begehbare Audio-Installation NEXT DOOR, produziert von Studio Urbanistan, wird wieder aufgenommen! Ich freue mich riesig, wieder dabei zu sein. Dieses Mal wird es vom 2. bis 10. April täglich mehrere Vorstellungen geben. Der Vorverkauf startet ab 1. März über das LOFFT.
Passend zu den Einblicken in Leben und Alltag von Sexarbeiter:innen , die es bei NEXT DOOR gibt, habe ich mal einen Beispieltag aus meinem Leben aufgeschrieben:
Mein Tag beginnt meistens gegen neun. Ich bin keine Frühaufsteherin, sondern Nachteule. schlafen gehe ich daher oft erst um Mitternacht. Zum Aufwachen wird mit meinen beiden Katzen gekuschelt. Den Fellnasen geht es natürlich vordergründig darum, mich dazu zu bewegen, ihnen Futter zu geben. Ich kann das verstehen, schließlich brauche ich auch mein Frühstück, um vernünftig in den Tag zu starten.
Also: Katzen füttern, Kaffee kochen, Haferbrei aufwärmen. Ja, ich mag dieses Zeug, das aussieht, als wurde es schon mal gegessen. Es tut gut, etwas Warmes morgens zu essen – und es hält mich einige Stunden satt. Außerdem kann ich wunderbar meine E-Mails und Nachrichten checken, während ich den Brei löffle und Kaffee trinke. Heute steht erst 15 Uhr das erste Date an, so dass ich Zeit habe, ins Fitness-Studio zu gehen. Der Sport ist mir wichtig – ich trainiere zwei bis dreimal pro Woche. Ein weiteres Date ist heute noch am Abend angedacht. Ich treffe mich zum Dinner mit einem mir bereits bekannten Kunden. Nach dem Essen und einem Cocktail werden wir noch ein/zwei Stunden in seinem Hotelzimmer verbringen.
In einer der Mails wird nach einem Termin für heute angefragt. Das wird knapp mit meinem Dinner-Date, aber eine Stunde von 17 – 18 Uhr kann ich anbieten. Ich bitte per Mail darum, mich bis 11 Uhr anzurufen. Ohne Telefonat gibt es mit mir grundsätzlich kein Date. Mir ist es wichtig, die Stimme meiner potentiellen Kund:innen zu hören. Ich kann bei diesem Telefonat schon gut abschätzen, wie die Person drauf ist und wie die Vorstellungen für unsere Begegnung sind. Dadurch erfahre ich auch, was von mir und meiner Dienstleistung erwartet wird – und kann mir überlegen, ob ich diesen Erwartungen entsprechen kann. Viele Mails gibt es heute nicht. Noch ein paar, die meine politische Arbeit in Leipzig betreffen, das nächste Treffen des Arbeitskreises Sexarbeit in Leipzig steht bald an …
Ich gehe aber nun erstmal ins Bad und packe dann meine Sportsachen zusammen. Das Training dauert ca. 2 Stunden, so dass ich gegen 13 Uhr wieder zu Hause bin. Der Kunde, der sich bis 11 hätte melden sollen, hat nicht angerufen, dafür ruft ein anderer an, der sich gern heute Abend mit mir treffen möchte. Da ich bereits verabredet bin, einigen wir uns auf einen Termin am übernächsten Tag. So kurzfristig ist es nur selten möglich, sich mit mir zu verabreden, da meine Tage meist schon länger grob durchgeplant sind. Ich esse noch eine Kleinigkeit zum Mittag und mache mich für mein erstes Date fertig.
Den Kunden treffe ich in meiner Zweitwohnung. Den Mann kenne ich noch nicht und ich bin neugierig, wie das Treffen wird. Es verläuft sehr angenehm. Nach einer guten Stunde verabschieden wir uns. Ich denke, er wird mich wieder besuchen, dann vielleicht länger. Nachdem ich das Bett frisch bezogen, die Gläser abgewaschen, aufgeräumt und geduscht habe, fahre ich zurück nach Hause. Ein kleiner Einkauf steht noch an. Nachdem ich diesen erledigt habe, wird es Zeit, mit den Vorbereitungen für das abendliche Rendezvous zu beginnen. Ich suche mir ein sexy Outfit mit Strapsen und Strümpfen heraus. Mein Kunde mag es sehr, wenn ich mich so herausputze und ich mache es gern.
Mit dem bestellten Taxi fahre ich in die Innenstadt zu einem meiner Lieblings- Restaurants. Wir haben ein wunderbares Dinner, es gibt noch eine außergewöhnliche Cocktail-Kreation (für diese ist das Lokal bekannt) und dann spazieren wir zum Hotel. Nach sehr sinnlichen zwei Stunden setze ich mich wieder in ein Taxi und fahre nach Hause. Es ist Mitternacht, als ich meinen beiden Samtpfoten das Abendessen hinstelle. Zum Abschluss des Tages liegen wir drei noch auf dem Sofa. Der Fernseher läuft und ich surfe noch etwas durchs Netz. Gegen ein Uhr folgen mir die Katzen ins Bett und mit ihrem beruhigenden Schnurren schlafe ich zufrieden ein.
Diesen “Tag im Leben von …” hatte ich vor Jahren schon formuliert für eine Aktion des BesD, die aber dann leider nicht stattfand. Nun hat sich endlich eine Gelegenheit geboten.