Meine Tätigkeit ist in der Gesellschaft ein heiß diskutiertes Thema und es gibt leider viele sehr krasse Vorurteile und Verurteilungen. Die Meinungen Vieler sind fest verankert, obwohl sie häufig noch nicht ein einziges Wort mit einer Sexarbeiter*in gesprochen haben. Das Mildeste Vorurteil ist dabei mitunter, dass wir nichts weiter tun, als “die Beine breit zu machen” und dafür auch noch unverschämt viel Geld zu verlangen. Krasser sind dann schon die Stimmen, die behaupten, wir wären zum Großteil Opfer sexuellen Missbrauchs in der Kindheit oder Jugend und damit schwer traumatisiert, unsere Tätigkeit wäre nichts Geringeres als Vergewaltigung, wir würden unsere Körper verkaufen und dabei jedes Mal auch ein Stück unserer Seele verlieren.
Dabei ist Sexarbeit so viel mehr und kann einem damit so viel geben! Die wichtigsten Aspekte meiner Arbeit sehen leider die Wenigsten: Nähe, Geborgenheit, Respekt, Akzeptanz und Anerkennung spielen eine viel größere Rolle, als Verkehr in verschiedenen Stellungen, verschiedene sexuelle Praktiken, tolle Titten und ein geiler Arsch.
Einer meiner Kunden brachte das in einer E-Mail so auf den Punkt, dass ich ihn fragte, ob ich darüber schreiben kann. Es ist mir wichtig, darauf aufmerksam zu machen, dass viel mehr zwischen zwei Menschen passiert, als dass sie stumpf Sex miteinander haben – auch im professionellen Rahmen. Mich haben seine Worte tief berührt und ich bin ihm so dankbar für seine Offenheit und sein Vertrauen:
“Es waren nicht die Momente, in denen wir uns unterhielten. Es war nicht einmal der Moment, in welchem wir verschmolzen. Es war jener Moment, an welchem ich ganz still deine Berührungen spürte. Dein Leben spürte, als ich es berührte – in all seinen Facetten. Einfach dein Kopf sich an meinen lehnte und ich deinen Atem hören konnte – friedlich und gleichmäßig. Wie sachte deine Haare auf meiner Haut ruhten. Deine Hand sanft an der Seite meines Kopf entlang streifte… Dieser Moment ist in seiner Schönheit etwas, was ich am meisten vermisse im Leben. In diesem Moment fühlte ich mich bedingungslos so akzeptiert und gehalten, wie und was ich bin. Es war der verletzlichste Teil in mir, der sich in deinem Halt geborgen fühlte. Und auch wenn ich weiß, dass es nur der Traum des Augenblicks war, so fühlte Sich dieser Augenblick echt an. Diese Augenblicke waren sehr selten in meinem Leben.”
Die Mail schrieb er nach unserem kürzlich stattgefundenen zweiten Date. Die Dankbarkeit, die mir von meinen Gästen entgegen gebracht wird, bedeutet für mich absolute Erfüllung. Das ist für mich, was meine Arbeit ausmacht und mich macht es immer wieder fassungslos, traurig und wütend, wenn mir und vielen meiner Kolleg*innen auf respektlose und bevormundende Art abgesprochen wird, zu lieben, was ich tue. Dabei will ich gar nicht leugnen, dass es Kolleg*innen gibt, die es nicht gern tun, die es vielleicht sogar hassen, die vielleicht sogar Opfer von Zwang und Gewalt sind. Aber ICH liebe es nunmal und wünsche – ja, verlange – dass das anerkannt und respektiert wird!